Judenhass mit Bezug auf den jungen jüdischen Staat ist älter als Israel selbst, das 1948 gegründet wurde. Er ist also nicht als Folge von realen Handlungen Israels entstanden. Schon 1922 verfassten der nationalsozialistische Ideologe Alfred Rosenberg die Hetzschrift Der staatsfeindliche Zionismus gegen den jüdischen Staat. Adolf Hitler hetzte ebenfalls bereits 1920 in einer antisemitischen Rede gegen den Zionismus:
Der ganze Zionistenstaat soll nichts werden, als die letzte vollendete Hochschule ihrer internationalen Lumpereien und von dort aus soll alles dirigiert werden und jeder Jude soll gewissermaßen noch eine Immunität bekommen.
Hier zeigt sich bereits etwas, das bis heute Gültigkeit besitzt: Antisemitismus ist immer auch antizionistisch, also gegen das Existenzrecht Israels. Er stört sich an dem einzigen Staat, in dem Jüdinnen und Juden nicht von dem guten Willen der Mehrheitsgesellschaft abhängig sind und damit an dem Schutz vor antisemitischer Verfolgung, der dieser so bieten kann. Hitler selbst hat es bereits ausformuliert.
Zugleich funktioniert Israel oder der Zionismus inzwischen als Code für »die Juden«, da offener Judenhass seit der Schoah verpönt ist. Es handelt sich dabei um eine weitere Chiffre, wie sie im modernen Antisemitismus zu finden sind.
Der israelbezogene Antisemitismus kann sich wie folgt ausdrücken:
- Der Vorwurf gegenüber Jüdinnen und Juden, sie fühlten sich dem Staat Israel oder angeblich bestehenden weltweiten jüdischen Interessen stärker verpflichtet als den Interessen ihrer jeweiligen Heimatländer.
- Das Abstreiten des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z. B. durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches/ koloniales Unterfangen.
- Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet und verlangt wird.
- Das Verwenden von Symbolen und Bildern, die mit traditionellem Antisemitismus in Verbindung stehen (z. B. der Vorwurf des Christusmordes oder die Ritualmordlegende), um Israel oder die Israelis zu beschreiben.
- Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik des Nationalsozialismus.
- Das Bestreben, Juden und Jüdinnen kollektiv für Handlungen des Staates Israel verantwortlich zu machen.
Die Broschüre »From the river to the sea« beleuchtet den israelbezogenen Antisemitismus in Bayern.