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»›Du Jude‹ war auf dem Schulhof ein Schimpfwort, und zwar keines, das selten gebraucht wurde«, erinnert sich Michael Movchin vom Verband Jüdischer Studenten in Bayern (VJSB). Dabei handelt es sich um eine Form des alltäglichen Judenhasses. Wer »Jude« als Beleidigung verwendet, hält Jüdinnen und Juden für anders, fremd oder verachtenswert.

Der Fachbegriff dafür ist antisemitisches »Othering«. Dabei werden Jüdinnen und Juden als fremd oder nicht-dazugehörig beschrieben. Doch auch nicht-jüdische Personen und Organisationen können durch eine Bezeichnung als »jüdisch« als fremd gekennzeichnet werden. 2023 dokumentierte RIAS Bayern 141 Fälle, bei denen Othering eine Rolle spielte. So wurde zum Beispiel in München eine Schmiererei mit Bezug zu dem Fußballverein TSV 1860 München mit den Worten »Löwenjuden töten« entdeckt.

Othering beginnt bereits mit der Unterscheidung zwischen »uns« und »ihnen«. Die Wir-Gruppe imaginiert sich selbst als positiv und projiziert die eigenen, nicht eingestandenen, negativen Eigenschaften auf die »Anderen«. So führt Othering oft zur Diskriminierung, Ausgrenzung und Herabsetzung der Gruppe der »Anderen«.

Dieses Anders-Machen kann auch durch vermeintlich gut gemeinte Äußerungen passieren, etwa wenn von jüdischen »Mit«-Bürgern – statt einfach Bürgern - gesprochen wird oder wenn jüdische Deutsche als »in Deutschland willkommen« bezeichnet werden.

Antisemitisches Othering liegt auch vor, wenn jüdische Bayern zu Israelis umgedeutet werden. Dies geschieht zum Beispiel, wenn das israelische Staatsoberhaupt als »ihr« Präsident bezeichnet wird oder Jüdinnen und Juden für die Politik Israels verantwortlich gemacht werden.