Religiösen Judenhass gibt es seit der Frühgeschichte des Christentums. Er richtet sich gegen die jüdische Religion und wird auch Antijudaismus genannt. Im Mittelalter verbreitete ihn die Kirche gezielt. Sie warf den Juden vor, dass sie die christliche Heilsbotschaft verweigern.
In Bayern gab und gibt es unhinterfragte Traditionen, die noch auf solchen antijudaistischen Vorstellungen fußen. Dazu gehörte zum Beispiel die Hostienwallfahrt zur Deggendorfer Gnad. Im 14. Jahrhundert wurde den jüdischen Deggendorfern vorgeworfen, Hostien geschändet zu haben. Das endete darin, dass die Juden der Stadt überfallen, ermordet und verbrannt wurden.
Die Legende vom »Hostienfrevel« ist eine Form des Gottesmordvorwurf. Im Mittelalter wurde die Lüge verbreitet, Juden würden mit Dolchen in Hostien, also den Leib Christi, stechen, woraufhin diese zu bluten beginnen würden. Es wurde behauptet, dass sie sich so über die Kreuzigung Jesu lustig gemacht hätten. Diese Vorwürfe endeten meist in judenfeindlichen Morden, Verfolgungen und Vertreibungen – so auch in Deggendorf 1338.
Bis in das Jahr 1992 gab es noch die Hostienwallfahrt zur Deggendorfer Gnad, die auf dieser Legende fußte. Solche lang tradierten antijudaistischen Traditionen gibt es häufig, zum Beispiel auch in der Darstellung der »Judensau« an Kirchen. Mit einer anderen Tradition, die solchen Vorstellungen entspringt, hat sich RIAS Bayern bereits ausführlich beschäftigt.
Dabei handelt es sich um das sogenannte »Judasfeuer«, das in manchen Teilen Bayerns noch fest zum Brauchtum gehört. Mitunter werden auch Puppen verbrannt, die den Apostel Judas symbolisieren. Diesem wird in der christlichen Lesart der Verrat an Jesus vorgeworfen und mit dem judenfeindlichen Vorwurf des Gottesmordes kombiniert. Judas wird in der Tradition des christlichen Judenhasses mit »den Juden« identifiziert. Noch im 20. Jahrhundert wurden in Bayern die Feuer teilweise »Jud« oder »Judenfeuer« genannt.
Die Hintergründe dieser antijudaistischen Tradition beleuchtet die Publikation »Das Judasfeuer – Ein antisemitischer Osterbrauch in Bayern« ausführlich. Der Podcast »Schiefheilungen« von RIAS Bayern hat dem Judasfeuer zudem eine eigene Folge gewidmet: